In der Diskussion um ein gerechtes Bildungssystem fallen häufig die Begriffe Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit. Obwohl sie oft synonym verwendet werden, unterscheiden sie sich deutlich in ihrer Bedeutung.
Chancengleichheit bedeutet, dass alle Kinder formal unter den gleichen Bedingungen starten, dies bedeutet, dass jedes Kind Zugang zu Bildung hat, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Einkommen der Eltern. Dieses Prinzip klingt fair, berücksichtigt jedoch nicht, dass viele Kinder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen ins Schulsystem eintreten. Wenn etwa ein Kind in einem stabilen, bildungsnahen Elternhaus aufwächst, ist dieses besser situiert, als eines, das mit sprachlichen Defiziten zu kämpfen hat und wenig Unterstützung in der Familie bekommt. Da nützt beiden die gleichen Bedingungen wenig, weil der Startpunkt so verschieden ist.
Deshalb spricht man heute häufiger von Chancengerechtigkeit. Sie geht einen Schritt weiter und meint, dass Kinder nicht nur formell gleichbehandelt werden sollten, sondern so unterstützt werden sollen, dass tatsächlich vergleichbare Bildungschancen entstehen, unabhängig von ihrem persönlichen Hintergrund.
Dazu gehören z. B. gezielte Fördermaßnahmen, Sprachunterstützung, kleinere Klassen oder individuelle Lernbegleitung. Chancengerechtigkeit bedeutet also: Nicht alle bekommen dasselbe, sondern das, was sie brauchen, um ihr Potenzial entfalten zu können.
Gerade im österreichischen Schulsystem ist diese Unterscheidung zentral. Denn, obwohl es auf dem Papier allen offensteht, zeigen Studien und Erfahrungen, dass Kinder aus wohlhabenden oder bildungsnahen Familien deutlich bessere Chancen auf einen erfolgreichen Bildungsweg haben. Das System stellt die gleichen Regeln auf, aber nicht alle starten vom selben Punkt.