Please enable JavaScript.
Coggle requires JavaScript to display documents.
Stickmustertücher als historische Dokumente textiler Mädchenerziehung +…
Stickmustertücher als historische Dokumente
textiler Mädchenerziehung + Analyse von (Stick-)Mustertüchern
Mustertuchtypen
Gestalterischer Formate
Weißnähmustertücher
Material:
Grundgewebe ist ungefärbt, gebleicht und besteht aus mittelfeine bis feine Leinen- oder Baumwollgewebe; Material ist gut waschbar; weißes und rotes Seidengarn
Format:
früher langform; ab 18. Jhd. kleinform
Formen:
Knopf-, Bind- und Korsettschnürlöcher; Hemdenschlitz
Ausführung:
Hemdenschlitze, Bind- oder Korsettschnürlöcher, Steppstich, Kettenstich, Knötchenstich, Knopflöcher
Farbliche Gestaltung:
weißes Garn auf weißem Leinen bzw. Baumwolle; Initialien in rotem Seidengarn
Funktion:
Textile Techniken
Modeltücher:
Material
: aufeinander abgestimmte Grundgewebe und Stickgarne; Grundgewebe sind Träger und neutraler Untergrund für flächenfüllende Muster (Leinwand, Haar-Tuch, Beuteltuch, Canevas/Stramin)
Format:
schmal, lang, zusammengesetzte Modeltücher (ab dem 18. Jh. kleinformatig)
Formen:
eingestickte Ornamente, Schriftzeichen, Muster (geometrische Motive, Tier- und Pflanzenmotive, häusliche Gegenstandsmotive)
Ausführung:
Kreuzstich (diagonal verbunden, einfach, doppelseitig), Reisstich, Kreuz-Kästchenstich, gerader Gobelinstich, doppelter Zopfstich, Rokokostich, geschlossener Strahlenstich
Farbliche Gestaltung:
verschiedene Farben + Garne in gesättigten & leuchtenden Farben (18. - 19. Jhd.); naturalistische Tendenzen, farbliche Abstufungen + Nuancierung (Neuzeit)
Funktion:
Vorlage- bzw. Probetücher für Buchstaben/Alphabet; Ziffern; Ornamente
Stopfmustertücher
Material:
ungefärbte, grobe bis mittelfeine leinwandbindige Gewebe zum Stopfen (verzwirnt gefärbte Seidengarne)
Format:
quadratische Tuchfläche
Formen:
Leinwand- und Körperbindung
Ausführung:
Gewebebindungen aus Kett- und Schussfäden
Farbliche Gestaltung:
verschiedene Seidenfäden, die sich deutlich abheben
Funktion:
Nachstopfen von Geweben
Stickmustertücher
Material:
gefärbte Leinen- oder Seidengarne (heben sich durch Farbe, Glanz und Struktur vom Grundgewebe ab)
Format:
früher langform - später quadratisch
Formen:
religiös-weltliche Motive
Farbliche Gestaltung:
grellbunte Wollgarne, gedeckte Farben (18. Jhd.), rot (ab 19. Jhd. + Vorgabe des Lehrplans)
Ausführung:
Kreuzstich, Sternenstich, Kästchenstich, Plattstich, Knötchenstich, Kettenstich, Klosterstich
Funktion:
Erlernen von Mustern und Stichen (z.B. Kissen oder Taschen verzieren)
Flickmustertücher:
Ausbessern u./o. Flicken von Textilien
Nähtücher:
Lerntücher für Nähte (Hand oder Maschine)
Historischer Kontext
(Stick-)Mustertücher ca. seit dem 9. Jhd. aus Asien bekannt
von europäischen Auswander*innen im 18. Jhd. in Nord- und Südamerika eingeführt
älteste bekannte Exemplare in Europa aus dem 16. Jhd.
seit dem 19. Jhd. etabliert als "Handarbeitsunterricht"
Mit dem 1. Weltkrieg endet die "Geschichte" des (Stick-)Mustertuches (Schulreform: Verbannung des Tuches aus dem Handarbeitsunterricht)
seit dem 20. Jhd. Maschinennähtücher an Haushaltsschulen
europäisches Ursprungsland des Mustertuches bleibt offen
im 18. und 19. Jhd. verlieren Mustertücher ihre Funktion als Mustervorlage und stehen dafür als Demonstration der handwerklichen Fähigkeiten der Stickerin
Funktion von (Stick-)Mustertüchern
Fleiß und Arbeitsamkeit: ökonomische Selbsterhaltung des Hauses; Verhindern von Untugenden und Unarten des Kindes - Erziehung und Disziplinierung
Sparsamkeit: ökonomische Tugend bei der Pflege, Ausbesserung und Umarbeitung von Textilien
Sauberkeit und Reinlichkeit: v.a. in christlich-ständischen Haushalten; reinliche Haushaltsführung (Weißnähmustertücher)
Ordnung: Orientierung an der kirchlichen sowie staatlichen Ordnung; Mädchenarbeit wurde in den sozialen Kontext eingeordnet (häusliche Ordnung)
Häuslichkeit, Stille, Innerlichkeit: Erfüllung der hauswirtschaftlichen Pflichten (stilles, konzentriertes und diszipliniertes Arbeiten der Frau an Mustertüchern)
Keuschheit & Sittlichkeit: Durch die Beschäftigung sollten Mädchen vom außerhäuslichen "herumtreiben" abgehalten werden
Anpassung & Gehorsamkeit
Alltagsbezug
Vorbereitung auf den "eigentlichen" Beruf als Hausmutter, Hausfrau und/oder Gattin
Vorbereitung auf den "erweiterten" Beruf: textile Arbeit als Arbeitsverpflichtung (Gottes Dienst, Ehrerweisung Gottes)
Vorbereitung auf die Erwerbstätigkeit: Lebensunterhalt durch Handarbeit ( vor allem bei unverheirateten oder verwitweten Frauen)