2.2. Phase der innerbetrieblichen Mobilität

Vorbemerkungen

Gestaltungsvariablen der Karrierepolitik

Ziele

Bewegungsraum

Bewegungsgeschwindigkeit

Bewegungsprofile

Bewegungsrichtungen

Aufstiegskriterien

Matching

Anreiz (im Gegensatz zur Einstellungsphase)

2.2.1. Bewegungsraum = "Stellengerüst" bzw. Organisationsstruktur

2.2.2. Bewegungsrichtungen

2.2.3. Bewegungsgeschwindigkeit

2.2.4. Bewegungsprofile = Karrierepfad, d.h. zu durchlaufende Stellensequenz

2.2.5. Aufstiegskriterien: Determinante bei Besetzung vakanter Stellen

Grundsätzlich mögliche Kriterien

a) vom AN nicht beeinflussbar: Individualfaktoren (Alter, Geschlecht, Schulbildung, Seniorität)

b) vom AN beeinflussbar: Arbeitsergebnisse, Inputfaktoren, (Kooperationsbereitschaft, Pünktlichkeit), HKIs.

Empirisch wichtigstes Kriterium: Seniorität, d.h. Dauer der Betriebszugehörigkeit

Problem: Anreizziel kann kaum erreicht werden (Alt. Anreizmechanismen notwendig)

Vorteile: Anreiz und Matchingziel kann verfolgt werden

Problem: Opportunismusgefahr beim AG. (Anreizziel ex post irrelevant, aber: Reputationsverlust bei Bruch des Beförderungsversprechen)

2.2.5.1. Seniorität

2.2.5.2. Leistung: Falls Leistung als Kriterium dient: Wettkampf zwis. AN --> 2 wichtigste mögliche Kriterien

2.2.5.2.1. Objektive Leistungsindikatoren

2.2.5.2.2. Subjektive Leistungsindikatoren

2.2.5.3. Fazit

Bisherige Annahme: Organisationsstruktur bildet Kontextfaktor, keine Gestaltungsvariable - Aber: Situative Variationen können sinnvoll sein

Beispiel

Schaffung einer neuen Stelle, um Aufstieg eines vielversprechenden Mitarbeiters zu ermöglichen

Neue Stelle ist notwendig, falls hierarchischer Aufstieg sonst blockiert ist (z.B. wegen fehlender Versetzungs-/Degradierungsmöglichkeit des Vorgesetzten)

Grundsätzliche Möglichkeiten zur Veränderung des Bewegungsraumes

b) Variation der Stufenanzahl

c) Variation der Hierarchienanzahl

a) Variation der Stellenanzahl

Beispiel

Variation der Leitungsspanne, um Anreizsituation zu verbessern (steigende Beförderungswahrscheinlichkeit)

Aber: Variation auf nur einer Stufe verringert Anreizeffekt für die nächsthöhere Stufe

Wirkung: Veränderung der (durchschnittlichen) Leitungsspanne

Wirkungsrichtungen

Steigerung der Gliederungstiefe: Erhöhung der Beförderungswahrscheinlichkeiten, Verbesserung der Anreizsituation

Verringerung der Gliederungstiefe (Stichwort: "Flache Hierarchie"): Senkung der Beförderungswahrscheinlichkeiten, Verschlechterung der Anreizsituation (Ausgleich: höhere Gehaltsdifferentiale)

aa) Einführung einer virtuellen Hierarchie

Virtuelle Hierarchie: Abstufung von Vergütung & Status innerhalb der Weisungshierarchie

Vorteile

Formale Hierachie: Abstufung der Weisungsrechte

Nachteil: Zusatzkosten durch steigende Komplexität der Personalbeurteilung

Verbesserung der Anreizsituation durch häufigere Beförderungsmöglichkeiten

Nicht an Vakanzen gebunden

Keine Reorganisation der Weisungsbeziehungen notwendig

bb) Einführung einer parallelen Hierarchie

Vorgehen

Ausprägungen in der Praxis: Parallelhierarchien für Spezialisten, Forscher, Verkäufer

Beide Hierarchien sind (rel.) berührungsfrei

Beide Hierarchien sind mit Weisungsrechten verbunden

Neben bestehende formale Hierarchie wird zweite formale Hierarchie eingefügt

Vorteile

Verbesserung der Anreizsituation durch differenziertere Leistungskriterien (Heterogenitätsproblem einfacher Hierarchien)

Verringerung der Fluktuationsneigung

Aufhebung des Konfliktes zwis. Anreiz- & Matchingziel (Forscher muss z.B. keine administrativen Leitungsaufgaben übernehmen)

Verbesserung der Rekrutierungschancen

Voraussetzung: Vergleichbare Einkommenschancen in beiden Hierarchien

Nachteile

Forschung ist eher teamorientiert, Beförderung beruht auf ind. Leistung

Konzept der Parallelhierarchie in sich widersprüchlich: genannte Vorteile sind nur bei "Scheinhierarchie" zu realisieren

Größenbedingtheit ("lohnt sich nur in Großunternehmen")

Komplexes Reorganisationsproblem

Empirisch

Virtuelle Hierarchien eher typisch für Japan (evtl. Hinweise zur Übernahme auch in DE/USA, wg. negativer Effekte flacher Hierarchien)

Parallele Hiearchien eher typisch für USA/DE (notwendig wg. Exit-Option? evtl. temporäres Phänomen bei Loslösung von tayloristischer Arbeitsteilung)

a) Vertikal, d.h. auf- oder abwärts in der Hierarchie

b) Horizontal, d.h. seitwärts innerhalb einer hierarchischen Stufe

Ziele

Anreiz (direkt/indirekt)

Allokation/Matching (direkt, d.h. bezogen auf betreffenden AN)

Auf- & Abwärtsbewegungen haben ökonomisch äquivalente Anreizwirkungen ex ante

Ex post wird überwiegende Demotivation beim Degradierten vermutet

Ziel: Matching (bzw. Erwerb verschiedener Qualifikation für späteres Match)

Mögliche weitere Vorteile

"Wegräumen" von Stellenblockierern

Aufbrechen von Kollusionen

Definitionsmöglichkeiten

Anzahl von Stellenwechseln eines AN innerhalb eines Zeitintervalles

Anzahl aufsteigender AN zwis. Hierarchiestufen pro Zeiteinheit

Einwand: Geschwindigkeit ist keine Gestaltungsvariable sondern Kontextfaktor (abhängig von Vakanzen)

Aktive Gestaltung aber z.B. möglich über

Handhabung des Quereinstiegsverbotes

Streichung von Stellen/Hierarchiestufen

Besetzungssperren

Determinanten opt. Bewegungsgeschwindigkeit

a) Interne Determinanten (unternehmensbezogen)

b) Externe Determinanten (marktbezogen): Bewegungsgeschwindigkeit muss evtl. an Marktbedingungen angepasst werden

Argumente für hohe Bewegungsgeschwindigkeit

geringere Fluktuationsraten

höhere Rekrutierungschancen

schnelleres Matching (Talente schneller auf geeigneten Positionen)

Argumente gegen hohe Bewegungsgeschwindigkeit

schlechtere Qualitätsaufdeckung des AN, dadurch: höhere Fehlentscheidungskosten

verschlechterte HKbildung (Sorgfaltsproblem)

nur kurzfristige Leistungskriterien für Beförderung nutzbar

Kontinuitätsprobleme (z.B. beim Projektmanagement, fehlendes "Kennenlernen" der AN)

nach Erreichen des Matches: schnelles Wegbefördern)

schnelle Informationsaufdeckung ggü. allen AN (Verringerung der Leistungsanreize der "Verlierer")

Fazit: Aus interner Perspektive dürfte gemäßigte Bewegungsgeschwindigkeit opt. sein.

Gründe

Zusammenhang zwis. Geschwindigkeit & Fluktuationsrate

Fluktuationsrate auch abhängig von Marktbedingungen

These: Geringe Beförderungsgeschwindigkeit in einem UN wird von anderen UN mit hoher Geschwindigkeit erwidert

Folge: Abwerbung der besten AN

Reaktion: Erhöhung der Beförderungsgeschwindigkeit

Ergebnis: zu hohe Geschwindigkeit im Marktgleichgewicht

Beispiel für externen Einfluss: Abwerbung japanischer Studenten von US-Business-Fakultäten

Determinanten des externen Einflusses

Spezifität des HK

Größe des AG

Ziel: Nutzung und Förderung des Aufbaus von HK, Förderung der Selbstselektion

Weitere Vorteile

Sicherung der Homogenität von AN (wichtig für Beförderungsturniere)

Transparenz der Karrierepolitik (Selbstbindung mit Signalwirkung, wichtig ggü. jungen AN)

Empirisch: Präferiert von AN-Vertretungen

Mögliche Ursachen

Begrenzte Opportunismusprobleme des AG/Vorgesetzten

Geringere Leistungsanforderungen für AN

Vorteile des Senioritätskriteriums

sichert Investitionen in Bildung spezifischen HKs (Renten nicht appropriierbar)

erhöht Bindung der AN (in Verbindung mit steigendem Lohnprofil)

sichert Beförderung von Personen mit höchstem (spezifischen) HK (gilt nur bei enger Korrelation zwis. Zugehörigkeitsdauer & HKbildung)

versichert Vorgesetzte gegen negative Konsequenzen "richtiger" Entscheidungen (Wichtig für: Informationsweitergabe, Einstellungsempfehlungen usw.)

Informationsverdeckung (ggü. anderen AG)

Versicherung der AN (reduzierte Risikoprämien)

Vermeidung von Beeinflussungsaktivitäten

Reduktion kontraproduktiver Maßnahmen (Ausnahme möglich: Mobbing, Sabotage)

Verringerte Messkosten (nur Dauer Betriebszugehörigkeit & Erbringung der Mindestleistung)

Erhöhte Fairness bei sonst nur subjektiv bewertbaren Leistungskriterien

Nachteile des Senioritätskriteriums

Vernachlässigung von Qualitätsmerkmalen verhindert effizientes Matching

sichert allenfalls Mindestleistungsniveau

Gefahr der adversen Selektion (Seniorität nur für "schlechte" AN attraktiv)

Problem der Abgrenzung des "Senioritätsdistriktes" (Bereich aus dem der AN mit höchster Zugehörigkeitsdauer gewählt wird)

fehlende Fairness aufgrund mangelnden Leistungsbezuges (vgl. Gleichgewichtstheorie der Motivation)

Fazit: Seniorität ist als alleiniges Beförderungskriterium kaum sinnvoll

"objektiv" = Arbeitsvertraglich kontrahierbar. Aussagen entsprechen im wesentlichen den Ausführungen zu Turnieren

Ausnahmen

"Turnierlänge" oft nicht a priori bekannt

Mehrdimensionalität der Leistung

Preisteilung nicht möglich (Vakante Stellen können nicht geteilt werden)

Ausgewählte Aspekte

vertikale Kollusion nur aktiv möglich (schlichte Falschbewertung aufgrund objektiver Leistungsmaße nicht möglich)

horizontale Kollusion unwahrscheinlicher aufgrund organisatorischer Trennung nach der Beförderung

Weiterhin relevant

Eskalationseffekte

Anreiz zur Risikoverzerrung

Gefahr von Sabotage

notwendige Unterdrückung von Zwischeninfos

Zur Selektionswirkung: Beförderungsturniere haben gute Selektionswirkung, wenn

kontraproduktive Effekte verhindert werden können

Leistungsinfos auch für nächste Hierarchiestufe gelten (Sonst: Peterprinzip! Gegenmaßnahme: Gestaltung von entsprechenden Karrierepfaden)

Vorteile von Beförderungsturnieren

unabhängig von Technologieänderungen

geringe Opportunismusgefahr des AG

Reduktion der Umweltvarianz

geringe Messkosten

Wichtige Anwendungsgrenzen jedoch

Teamarbeit

nicht objektivierbare Leistungsindikatoren

"subjektive" = Arbeitsvertraglich nicht kontrahierbar.

Mögliche Beziehungen zwis. subj. & obj. Leistungsindikatoren

Substitutional (dann objektive von AN präferiert, falls vorhanden)

Komplementär (Monitoring)

Probleme fehlender Kontrahierbarkeit

Gefahr persönlicher Favorisierung einzelner AN durch Vorgesezte

schlechtes Kosten-/Nutzenverhältnis "guter" Beurteilungsleistungen für Vorgesetzten (Alt.: Auswürfeln)

Beeinflussungsaktivitäten (auch: verdeckte Spiele)

Konformismusproblem ("Yes-Man": Untergebene neigen zu übertriebenem Konformismus & bestätigen Vorgesetztenmeinung)

Kollusionen (horizontal/vertikal)

Nach oben verzerrte Bewertungen mit Konzentration auf höchste Bewertungsstufen (Vorgesetzter "erkauft" zukünftige Kooperation, verhindert eigene Schlechtbewertung von seinen Vorgesetzten)

Entscheidungsfehler, z.B. Konservatismuseffekt, d.h. neue Leistungsinfos werden nicht ausreichend berücksichtigt

Zeitinkonsistenzproblem (zunächst Anreiz- & Matchingziel, dann nur noch Matchingziel)

In Einzelfällen: Verzerrte Bewertung nach unten: Gute Mitarbeiter sollen gehalten werden bzw. deren Konkurrenz soll verhindert werden

Lösungsansätze für die Problembereiche

a) Ausweichen auf Senioritätskriterium

Erscheint kaum sinnvoll

Zu geringe Leistungsanreize & schlechte Allokationswirkung

b) Job rotation

Wichtig: Wechsel auch zwis. Abteilungen

Folge: verringerte vertikale Kollusionsgefahr

mehrere Vorgesetzte müssten bestochen werden

Aufdeckungsgefahr für kollusive Vorgesetzte steigt

verkürzte Interaktionsdauer

Gegenleistung des Vorgesetzten nicht zweifelsfrei überprüfbar

Vorteile

Höhere Akzeptanz bei AN

Fehlurteile leichter Aufzudecken ("auswürfeln")

Nachteile

kurzfristige Verhaltensausrichtung

geringere Spezialisierungsvorteile

höhere Bewegungsgeschwindigkeit (Kontinuitätsprobleme)

c) Mehrfachbeurteilungen

Bewertung von mehreren Personen (ohne Aufgabenrotation): Vorgesetzte, Kollegen, Untergebene, Selbstbewertung

Evtl.: Beurteilungsleistung selbst wird anschließend beurteilt

Bei starken Urteilsunterschieden: Einschaltung einer Schiedsinstanz

Besonder Vorteil von Kollegenbeurteilungen: Aufdeckung vieler Infos durch enge Zusammenarbeit

Umsetzungsmöglichkeiten der Kollegenbeurteilung

Vetorecht

Entscheidungsrecht

Bewertung

f) Verringerung des Beförderungsbonus: Verringert Anreize zu kontraproduktiven Verhaltensweisen aber, verringert auch Leistungsanreize

e) Feste Beurteilungsverteilungen: Vorgesetzter muss bestimmte "Notenverteilung" einhalten

g) "Erfolgsbeteiligung" des Vorgesetzten: Entlohnung des Vorgesetzten hängt vom Erfolg des Beförderten ex post ab

d) Offenlegung von Beurteilungen

Vorteile

schafft interpersonelle Vergleichbarkeit von Bewertungen

schafft zusätzliche Leistungsanreize (öffentliche Anerkennung)

eröffnet Kritikmöglichkeit (evtl. Beschwerde vor höherer Instanz)

Probleme

vertikale Kollusion (durch direkte Unterstützung der Untergebenen)

Beschwerderechte evtl. nicht genutzt (Angst vor Repressalien)

Zweck: Verhinderung von Bewertungsverzerrungen

Probleme

Bewertungsrotation über die Zeit

evtl. willkürliche Zuordnung

Gefahr erzwungener Falschbeurteilungen (bei homogenen AN)

Formen

Entdeckung von Talenten geht in Bewertung des Vorgesetzten ein

Vorgesetzter erhält Anteil an Lohnsumme des Beförderten ("Superprovision" z.B. im Vertriebsbereich von Versicherungen)

Wichtigste Beförderungskriterien: Seniorität & Leistung --> Beide Kriterien haben spezifische Vor- & Nachteile

Folgerungen

1 Beförderungskriterium wahrscheinlich nicht gleichermaßen für gesamte Hierarchie opt.

Mischung beider Kriterien in vielen Fällen notwendig

Skizze kombinierter Beförderungskriterien

Beförderungen primär leistungsbezogen: schafft ausreichende Leistungsanreize

Weiteres Beförderungskriterium: Mindestseniorität sichert Investitionen in spezifisches HK, sichert ausreichend langen Bewertungszeitraum, schafft Lohnpfad (verringerter Anreiz zu kontraproduktivem Verhalten)

Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten

b) Strenge Mindestseniorität

c) Gewichtete Berücksichtigung beider Kriterien: Sowohl Leistung als auch Seniorität werden gewichtet berücksichtigt

a) Virtuelle Hierarchien

vertikaler Aufstieg nach Leistung (Änderung von Entlohnung & Aufgabeninhalten)

horizontaler "Aufstieg" nach Seniorität (lediglich Änderung der Entlohnung)

Beförderungsturniere finden nur zwis. AN statt, die eine bestimmte Mindestseniorität aufweisen

Bis zum Erreichen der Mindestseniorität ist kein Aufstieg möglich

Mögliche Ausprägung: Ab bestimmter Seniorität wird Mitarbeiter mit höchster Seniorität befördert, bis dahin Mitarbeiter mit höchster Leistung