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Hart: The concept of law (Geltung der Rechtsnorm/Rechtspflicht/Verpflich…

- - - - Verpflichtung als Möglichkeit bestimmt, im Falle der Nichtbefolgung eine Strafe / Sanktion zu erleiden / gewohnheitsmäßiger Gehorsam kann auf Nötigung oder Zwang beruhen
        
        Allgemeine Gehorsamsgewohnheit (general habit of obedience) ist nicht hinreichend, um den Verpflichtungscharakter des Rechts zu begründen:
      - Recht als auf angedrohte Strafsanktionen gestützte Befehle des Souveräns gegenüber seinen Untertanen.
        
        Hart führt ad absurdum: ein Rechtssystem wäre in diesem Falle nicht mehr als die stark vergrößerte Spielart der Forderung „Geld oder Leben“ während eines Banküberfalls („the gunman situation writ large“)
    - - aber geschichtlich: Rechtsentwicklung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung in hohem Maß durch die herrschenden moralischen Überzeugungen geprägt
      - allerdings: Stabilität der Rechtsordnung hängt entscheidend davon ab, dass sich die Haltung der meisten Rechtsunterworfenen nicht nur in äußerer Verhaltenskonformität erschöpft: keine Rechtsordnung kann Bestand haben, wenn die Mehrheit der Rechtsunterworfenen die Rechtsnormen nicht freiwillig befolgt
  - - - Bezugspunkt ist reines Sollen
      - Austin: Geltung = Wahrscheinlichkeit, mit physischem Zwang genötigt zu werden
      - -> löst den Begriff der Geltung von jeder Form gelebter Praxis:
        
        quasi-mathematische Begriffe (z.B. Hypothese, Axiom, vorausgesetzt) treffen nicht die Bedeutung von Geltung des Rechts und von dem Bestehen einer Rechtspflicht
    - - Geltung ist Bestandteil der sozialen Praxis: Übelszufügung + die sich aus ihr ergebende Befugnis/Autorität (authority) bestimmter Personen zur Zwangsanwendung
      - entscheidend für Verpflichtung und Geltung => bestimmte Haltung (attitude) der Adressaten zu einer bestehenden sozialen Praxis voraus, auf die das konkrete Ge- oder Verbot Bezug nimmt (S. 52, 59)
      - Geltung erschöpft sich in der Anerkennung
    - - spezifische Haltung/Einstellung (attitude) gegenüber dem Recht als hinreichend komplexer Praxis einer Gemeinschaft
        
        innere Haltung
        
        Verpflichtung meint das Zusammentreffen von verschiedenen äußeren (u.a. Übelszufügung?) und internen Umständen (normative Einstellung Maßstab, Grund?), die sich in einer hinreichend komplexen Praxis verdichten:
        
        ⇒ Es besteht eine spezifische normative Einstellung der Akteure zu der sozialen Praxis der Regelsetzung und des Regelvollzugs.
        
        die von einer bestimmten Instanz gesetzten Normen werden im Großen und Ganzen (generally) als Gründe (reasons) für ...
        
        ...für eigenes Handeln, für die Erwartungen an das Verhalten anderer und für die Anwendung von Zwang (force) im Falle abweichenden Verhaltens angesehen
        
        die von einer bestimmten Instanz gesetzten Normen werden im Großen und Ganzen (generally) als Maßstab richtigen Verhaltens akzeptiert
        
        Abweichungen von dem Maßstab bilden den Anlass für Kritik
        
        ⇒ Es besteht ein äußerer Konformitätsdruck zur Einhaltung der Regel.
        
        = Einstellung als Teilnehmer, der die grundsätzliche Anerkennungsregel eines Rechtssystems akzeptiert;
      - objektiven Ausdruck findet der internal point of view in dem Gebrauch einer normativen Sprache, die die Geltungsansprüche des Rechtssystems im Grundsatz anerkennt
  - - - der Verpflichtung/Pflicht, etwas zu tun (having an obligation/a duty to do something)
      - dem Genötigt-Sein, etwas zu tun (being obliged to do something)
      - dem physischem Zwang (being physically compelled), etwas zu tun
  - - - reine Faktizität der „rule of recognition“, die er für eine empirisch zu erforschende soziale Tatsache hält („its existence is a matter of fact“)
    - - Kelsens normativistische Formulierung der Grundnorm, der zufolge man sich so verhalten solle, wie die historisch erste Verfassung dies vorschreibe, wird von Hart als unnötige Verdoppelung zurückgewiesen
- - - - (1) Erkenntnisregeln, also Regeln, die Kriterien zur Feststellung der Existenz/Gültigkeit einer Primärregel enthalten (rules of recognition), etwa die Bestimmung des Gesetzeserlasses als Beschluss eines Parlaments und Verkündung im Gesetzblatt.
      - (2) Änderungsregeln, also Regeln, die der Anpassung und Modifikation von Primärregeln dienen (rules of change), etwa Kompetenzregeln der Gesetzgebung.
      - (3) Entscheidungsregeln, also Regeln, die bestimmten Personen die Befugnis verleihen, im Einzelfall verbindlich festzustellen, ob eine Primärregel verletzt wurde (rules of adjudication), etwa Regeln, die festlegen, wer in einem konkreten Fall der gesetzliche Richter ist.
  - - - Für England formuliert Hart etwa folgende faktisch anerkannte Erkenntnisregel: Was die Königin im Parlament erlässt, ist Recht.
    - - Die primären Regeln müssen zum einen von den Bürgern grundsätzlich befolgt werden,
      - die sekundären Erkenntnisregeln, welche die Kriterien der Geltung spezifizieren, sowie die Änderungs- und Entscheidungsregeln müssen zum andern von den Beamten und Richtern als gemeinsame öffentliche Standards des offiziellen Verhaltens effektiv akzeptiert werden
- - - - daraus folgt kein Befolgungsgebot (vs.Radbruchschen Formel Verweigerung bei extrem ungerechten Normen): man kann einem ungerechten Gesetz aus Gewissensgründen den Gehorsam verweigern
  - - - richterliche Entscheidungstätigkeit weist im Idealfall strukturelle Parallelen zu moralischen Begründungen auf (S. 66 f.)
    - - Minimal-Gerechtigkeit / natürliche Gerechtigkeit
      - Keim der Gerechtigkeit liegt bereits in jeder Form der Regelung sozialen Verhaltens nach allgemeinen, den Rechtsunterworfenen bekannt gegebenen und befolgbaren Regeln, die durch einen Rechtsstab zur Anwendung und Durchsetzung gebracht werden (S. 69 f.)
        
        ⇒ entspricht im Kern dem, was als Gesetzlichkeitsprinzip (principle of legality) bezeichnet wird (S. 70)
        
        ⇒ innere Moralität des Rechts (inner morality of law)
  - - - erlaubt es, „gute“ Rechtsordnungen von „schlechten“ Rechtsordnungen zu unterscheiden,
        
        in Abhängigkeit von ihrer Entsprechung mit näher bestimmten Kriterien der Moral und Gerechtigkeit
      - ungerechte Gesetze werden aus Gründen der begrifflichen Klarheit als Recht bezeichnet
        
        strikte begriffliche Trennung
      - zwingt insofern aber zur Offenlegung der inhaltlichen Maßstäbe, nach denen diese Bewertung erfolgt (S. 68 f., 71)
        
        Recht als soziale Praxis lässt sich auch dort finden und analysieren, wo die Übereinstimmung mit moralischen Kriterien fehlt (S. 69, 74 f.)
      - ehrlichere Formulierung des Problems, ob auch ungerechten Gesetzen Gehorsam geschuldet ist (S. 71)
    - - Hart hält rational begründete moralische Kritik des Rechts für tatsächlich möglich hält
      - Kelsen hielt es nicht für möglich. Er gründet daher seine positivistische Trennungsthese auf die Prämisse des ethischen Relativismus.
      - Daher müsse der Rechtsbegriff moralisch neutral definiert werden.
- - - - von der analytischen Philosophie beeinflusst (insb. analytischen Sprachphilosophie): wandte Instrumentarien der modernen analytischen Philosophie auf Probleme des Rechts an
      - sogenannten Analytical Jurisprudence